Topic outline

    • Auszubildende auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt vorbereiten.
    • Eine moderne Ausbildungskultur etablieren.
    • Interkulturelles Verständnis bei Beschäftigten weiterentwickeln (Diversität).
    • Qualität und Ansehen der dualen Ausbildung stärken.
    • Vorzeitige Vertragslösungen mindern.
    • Übernahmechancen für junge Menschen nach der Ausbildung erhöhen.

    „Sozialkompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, zielorientiert mit anderen zusammenzuarbeiten, ihre Interessen und sozialen Situationen zu erfassen, sich mit ihnen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen sowie die Arbeits- und Lebenswelt mitzugestalten“ (vgl. Definition im Deutschen Qualifikationsrahmen).

    Themenfelder:

    • Teamfähigkeit
    • Kommunikationsfähigkeit
    • Konfliktmanagement
    • Interkulturelle Kompetenz
    • mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit

    „Sozialkompetenz bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit, soziale Beziehungen zu leben und zu gestalten, Zuwendungen und Spannungen zu erfassen, zu verstehen sowie sich mit anderen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen. Hierzu gehört insbesondere auch die Entwicklung sozialer Verantwortung und Solidarität“ (vgl. Definition der Kultusministerkonferenz).

    „Die soziale Kompetenz eines Menschen ermöglicht einen Kompromiss zwischen den Ansprüchen, die die soziale Umwelt an den Einzelnen stellt, und seinen eigenen Interessen, die es auch in sozialen Kontexten zu verwirklichen gilt“ (…) „Die sozialen Kompetenzen liegen im Verborgenen und wirken im Sinne eines Potenzials auf das Verhalten in konkreten Situationen“ (Kanning 2015, S. 3f.)

    Quellen:

    • Kanning, Uwe P. (2015): Soziale Kompetenzen fördern. Göttingen u. a.: Hogrefe
    • KMK (1996/2000) Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Handreichungen für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz (KMK) für den Berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und ihre Abstimmung mit Ausbildungsordnungen des Bundes für anerkannte Ausbildungsberufe.
    • www.deutscherqualifikationsrahmen.de

    Folgende Methoden (und Inhalte) sind für den Ausbildungsbereich relevant:

    • Vermittlung von Kenntnissen (z. B. Informationen über Sitten und Gebräuche, spezifische Werte des Unternehmens, Psychologie sozialer Konflikte)
    • Kommunikationstraining
    • Training zum Konfliktmanagement
    • Training interkultureller Kompetenzen
    • Verhaltensmodellierung

    Der entscheidende Vorteil des Einsatzes von VR-Technologien beim sozialen Lernen ist, dass mit ihrer Hilfe alle Dimensionen sozialer Kompetenzen gleichermaßen gefördert werden können. Während bisher vorwiegend das Wissen um Rollen, Normen oder Werte sowie behaviorale Fähigkeiten (Verhalten) geschult wurden, können virtuell unterstützt insbesondere auch perzeptive und selbstregulatorische Fähigkeiten wie Empathiefähigkeit angesprochen werden.

    In der Ausbildung führt sozial inkompetentes Verhalten seitens der Auszubildenden und/oder der Ausbildenden häufig zu typischen Konfliktsituationen, die branchenübergreifend auftreten. Zu Konflikten kommt es beispielsweise, wenn Auszubildende

    • unpünktlich sind und Vereinbarungen nicht einhalten.
    • Arbeitsanweisungen nicht richtig verstehen und dies gegenüber ihren Ausbilder*innen oder Kolleg*innen nicht deutlich machen.
    • Kritik an ihrem Verhalten auf ihre Herkunftskultur oder ihr Geschlecht zurückführen.

    Zurückzuführen sind solche Konflikte in der Regel darauf, dass Auszubildende die an sie gestellten Erwartungen im Unternehmen nicht richtig einschätzen und/oder nicht adäquat (re-)agieren können, weil

    • ihnen das Wissen um Rollen, Normen oder Werte fehlt (Ausbildungs- und Unternehmenskultur),
    • sie sich in die Situation von Ausbildenden und Kolleg*innen nicht hineinversetzen können (Perspektivenübernahme und Personenwahrnehmung),
    • sie ihre Gefühlte nicht unter Kontrolle haben (emotionale Stabilität),
    • sie (noch) über keine geeigneten Verhaltensroutinen verfügen,
    • sie es nicht gewohnt sind, eigene Verhaltensweisen zu reflektieren (Selbstaufmerksamkeit),

    Ausbildende wiederum können nur dann dazu beitragen, dass solche Konflikte gelöst werden, wenn sie solche Defizite im Wissen, in der Wahrnehmung, in der Reflexion sowie im Verhalten der Auszubildenden erkennen und adäquat darauf reagieren. Chronische und akute Ursachen für sozial inkompetentes Verhalten im Ausbildungsalltag können in mangelnden sozialen Kompetenzen der Konfliktparteien begründet liegen, aber auch durch die soziale Situation befördert werden.

    Wenn Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen interagieren, kann es zu Problemen kommen. Denn im Arbeitskontext relevante Werte, Einstellungen und die Motivation stehen in direktem Zusammenhang mit der kulturellen Prägung eines Menschen. Hier kann es schnell zu Missverständnissen in der Kommunikation und der Zusammenarbeit kommen, sodass es sich lohnt, mögliche kulturelle Komponenten und Unterschiede näher zu betrachten.
    Im Folgenden sind einige Beispiele für interkulturelle Konfliktpotenziale aus dem Ausbildungsalltag zusammengetragen, die Auszubildende mit Migrations- und Fluchthintergrund betreffen können:
    Zu Schwierigkeiten sich in den Strukturen der deutschen Arbeitswelt zurechtzufinden kann es beispielsweise kommen,

    • weil der Mehrwert der Ausbildung unklar ist und es keinen roten Faden im Lebenslauf gibt.
    • weil das Verständnis für Bürokratie fehlt (Krankenschein wird nicht bzw. zu spät eingereicht).
    • weil Pünktlichkeit nicht in allen Kulturen den gleichen Stellenwert hat (Zuspätkommen).

    Zudem haben kulturell unterschiedlich geprägte Beziehungsmuster und Erwartungen an Führungskräfte Einfluss auf das Verhalten von Auszubildenden. Dies kann unter anderem dazu führen, dass

    • nur schwer persönliche Beziehungen zu Kolleg*innen und Vorgesetzten aufgebaut werden.
    • Unternehmensbelange aus familiären Gründen hinten angestellt werden.
    • feste Ansprechpartner*innen als Bezugspersonen gewünscht sind.
    • Geschlechterverhältnisse unterschiedlich wahrgenommen werden.
    • Nachfragen ausbleiben oder Einer für alle spricht.

    Es sollte also beachtet werden, dass die kulturelle Identität enorme Auswirkungen auf die Selbst- und Fremdwahrnehmung haben kann und zwar unter anderem

    • auf den Ausdruck von Emotionen,
    • auf den Umgang mit negativem Feedback/Kritik,
    • auf die Selbstreflexion,
    • auf die Wahrnehmung mangelnder Eigeninitiative,
    • darauf wie Ironie oder Sarkasmus wird nicht verstanden und
    • darauf ob Augenkontakt gesucht oder vermieden wird.

    Quelle: IMAP GmbH (2019): Menschen mit Fluchtgeschichte integrieren. Handbuch für Ausbilder/innen und anleitendes Personal, Düsseldorf

    Bisher werden VR-Anwendungen in der beruflichen Aus- und Weiterbildung vornehmlich genutzt, um in virtuellen Lernräumen Arbeitsumgebungen zu simulieren. So kann kostengünstig und ggf. auch in Situationen, die real gefährlich wären, gelernt werden. Der Einsatz von VR-Technologien bietet sich aber auch in der Vermittlung sozialer Kompetenzen an. Denn VR-Datenbrillen können die Fähigkeit zur Fremdwahrnehmung und Perspektivübernahme stärken. Wegen dieser Effekte werden sie in der Fachliteratur auch als "Empathie-Maschinen" bezeichnet. Dieses Potenzial wird aktuell über "serious games" erschlossen, mit denen eine Einstellungsänderung gegenüber Fremdgruppen bezweckt werden soll. Ein Beispiel dafür ist "Project Syria". Hier werden Spieler*innen in die Rolle von Bewohnerinnen und Bewohnern eines Kriegsgebiets hineinversetzt (vgl. Hagendorff 2016).

    Mehrwert für Ausbildende und Auszubildende:

    • Ermöglichen von Lernen durch Simulation
    • Eröffnung neuer Erlebniswelten
    • Ersparnis von Zeit und Kosten

    Quelle: Hagendorff, Thilo (2016): Empathie-Maschinen? - Soziale Folgen der Verbreitung von Virtual-Reality-Datenbrillen. In: www.medienobservationen.lmu.de (01.03.2016) (Stand: 11.06.2018)

    Um Empathiefähigkeit mittels VR zu fördern, macht man sich Täuschungen der Wahrnehmung zunutze, die in der VR-Welt auftreten (zitiert nach Bertrand 2018, S. 8 ff):

    • Ortsillusion (Immersion): Das VR System erzeugt die Illusion, in der virtuellen Welt zu sein obwohl die Nutzenden wissen, dass sie nicht wirklich dort sind. Das Gefühl der Präsenz wird sehr intensiv erlebt. Die Illusion gelingt desto besser, je höher die Glaubwürdigkeit oder Authentizität der dargestellten Situation.
    • Virtuelle Verkörperung (Embodied VR oder EVR): Die Illusion, in einen anderen Körper mit anderen Eigenschaften (EVR) zu schlüpfen entsteht, wenn Kopfbewegungen oder Bewegungen des eigenen Körpers in der VR-Welt abgebildet werden (visuelle, motorische und/oder taktile Synchronizität - Gleichzeitigkeit) oder die VR-Welt aus der Ich-Perspektive erlebt wird. Sie kann durch Geräuscheffekte (z. B. beschleunigter Herzschlag oder Schritte) verstärkt werden.
    • Handlungsillusion: Die Illusion, in der VR-Welt wirksam zu werden, tritt nur auf, wenn Aktivitäten ausgeführt werden, die Nutzende selbst veranlassen. Um die Handlungen eines Avatars als die eigenen wahrzunehmen muss der Avatar also steuerbar sein. Ein Beispiel für eine Handlungsillusion ist, wenn Nutzende sich in der virtuellen Welt gehend fortbewegen, während sie in der nicht-virtuellen Welt eigentlich sitzen.

    Quelle: Bertrand Philippe, u. a. (2018): Learning Empathy Through Virtual Reality: Multiple Strategies for Training Empathy-Related Abilities Using Body Ownership Illusions in Embodied Virtual Reality. Frontiers in Robotics and AI, March 2018, Volume 5, Article 26

    Im Kontext der Ausbildung können VR-Anwendungen als Instrument zur Förderung sozialer Kompetenzen genutzt werden:

    • Die Jugendlichen werden durch den spielerischen Ansatz für soziales Lernen aufgeschlossen.
    • Ausbildende werden befähigt, Auszubildende beim Erwerb sozialer Kompetenz gezielt zu unterstützen.

    Ausbildende und Auszubildende werden angeregt, ihr

    • Kommunikations- und Verhaltensmuster in Konfliktsituationen zu reflektieren und ein
    • sozial adäquates Verhaltensrepertoire aufzubauen.

    Das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) hat VR-Anwendungen und Begleitmaterialien im Rahmen des Projektes SoKo VR-Brille erstellt. Diese können sowohl im betrieblichen Ausbildungsalltag als auch in der schulischen und überbetrieblichen Ausbildung eingesetzt werden. Sie sind modular aufgebaut und umfassen VR-Filme, die verschiedene Konfliktszenarien in unterschiedlichen Branchen beinhalten. Die Begleitmaterialien bereiten verschiedene Themen rund um die Förderung sozialer Kompetenzen auf.

    Bereitgestellt werden Tipps und Tools für verschiedene Einsatzbereiche:

    • Basisinformationen zur Unterstützung der Lernprozessbegleitung in der (über-)betrieblichen und schulischen Ausbildung
    • Materialien zur Vorbereitung und Gestaltung von Unterrichtseinheiten in wertebildenden Fächern an der Berufsschule
    • Handlungs- und Reflexionshilfen zur Konfliktbewältigung, die bei Teambesprechungen zum Einsatz kommen können
    • Lernvideos zum Selbststudium für Auszubildende und Ausbildungsverantwortliche

    Abgedeckt werden dabei folgende Themenbereiche:

    • Grundlagen der Kommunikation
    • Interkulturelle Kompetenzen
    • Soziale Kompetenz in der Ausbildung
    • Umgang mit Konflikten

    Die vom f-bb im Projekt SoKo VR-Brille entwickelten VR-Anwendungen zur Förderung sozialer Kompetenzen sind online kostenfrei verfügbar und können über die Projekthomepage (vgl. unten), die Homepages von Transferpartnern sowie über gängige Plattformen (Google Play Store, YouTube, Oculus Go Store, etc.) bezogen werden. Alle 360-Grad-Videos sind für verschiedene VR-Systeme optimiert.

    Die kostengünstigste Variante zum Einsatz in der Ausbildung ist die Nutzung VR-fähiger Smartphones mit Cardboard-Brillen. Nach Installation einer darauf ausgelegten VR-Player-App aus dem iTunes oder Google Play Store werden die VR-Filme adäquat auf dem Display dargestellt. Um sie betrachten zu können, wird lediglich eine Halterung für das Smartphone benötigt. Diese kann man für einen Betrag von ca. 5 Euro pro Stück online oder im Fachhandeln in verschiedenen Ausführungen erwerben. Für eine gute Tonwiedergabe reichen einfache (In-Ear-)Kopfhörer aus.

    Ausbildende und Jugendliche verfügen in der Regel privat über dieses Equipment. Bei der Planung einer Ausbildungseinheit, bei der VR-Anwendungen genutzt werden sollen, müssen die Nutzer*innen trotzdem vorab über die technischen Anforderungen informiert werden. Außerdem könnte man sie bitten, die Technologie privat zu testen. Nur wenn alle teilnehmenden Personen über funktionsfähige Hardware verfügen, kann "Bring Your Own Device" (BYOD) funktionieren.

    Die höherwertigen VR-Brillen wie zum Beispiel Oculus Go und Oculus Quest bieten ein einfacheres, direkteres und immersiveres Erlebnis als das private Smartphone mit Cardboard-Brille. Sie sind in der Anschaffung wesentlich teurer im Vergleich zum BYOD-Ansatz. An vielen Berufsschulen sind solche Geräte aber mittlerweile schon vorhanden. Auch auf diesen Geräten sollte die VR-Anwendung vor dem Einsatz in der Ausbildung installiert werden.

    Links:

    • Mittendrin statt nur 3D. Das Smartphone wird zur Virtual-Reality-Brille (vgl. Heise ct, Ausgabe 2015-7 - URL: https://www.heise.de/ct/ausgabe/2015-7-Das-Smartphone-wird-zur-Virtual-Reality-Brille-2562140.html)
    • Google Cardboard VR & Co.: Die besten Virtual Reality Apps & Downloads (vgl. Chip, 21.08.2015 - URL: https://www.chip.de/artikel/Google-Cardboard-VR-Co.-Die-besten-Virtual-Reality-Apps-Downloads_139976575.html)